Ich weiss noch ganz genau, wie ich dort oben mit gemischten Gefühlen auf der Leiter stand....
Einerseits voller Vorfreude über diese für mich neue Möglichkeit: Meine erste Ausseninstallation, die allererste Kollaboration mit Metraeda, lauter neue Erfahrungen, und Begegnungen.
Andererseits im vollen Bewusstsein, weshalb dies an diesem Ort und an diesem Tag stattfinden musste. Ein letzter Protest und der Abschied von der Brause. Solch ein verdammt trauriges Gefühl.
So oder so, von welcher Seite ich es auch betrachtete, war es ein ganz besonderer Moment.
Dass meine Familie mir alles bedeutet, weiss jeder, der mich persönlich kennt. Also könnt Ihr Euch sicher vorstellen, wie unfassbar schön
ich es fand, dass alle über den Tag verteilt eintrudelten, meine Geschwister & meine Mum.
Mein Bruder stand mir von Beginn an zur Seite - so gut!! Zumal ich tatsächlich bitter Hilfe nötig hatte :- )
Es stellte sich nämlich heraus, dass der dünne Wandputz eine darunter liegende Fliesenwand verdeckte, durch die die mutabel Pins einfach nicht richtigen Weg fanden. Ich musste förmlich jeden einzeln Pin in die Wand "streicheln" und hoffen, dass sie halten.
Fast wäre die ganze Aktion daran gescheitert, aber eben nur fast. Und die Installation steht heute noch!
Heute, genau ein Jahr später, schwelge ich in Erinnerungen, klicke mich durch die Fotos und merke dabei, dass meine gemischte Gefühlswelt sich genauso frisch anfühlt, wie an dem Tag selbst.
Eigentlich mehr noch, denn die Achterbahnfahrt zwischen der Hoffnung auf Erhalt, bis hin zum endgültigen Erkennen des Gegenteils
hat mich während der vergangenen Monate fest im Griff gehabt.
Aber zunächst fand am folgendem Tag, dem 1.6.2019, die Abschieds/Abrissparty statt.
Am Vorabend sass ich noch mit meiner Freundin Laura auf einer Parkbank mitten in Flingern. Bei einem kühlen Bier haben wir aus den Restschnüren der Installation Freundschaftsbändchen gefertigt, Auch einen Augenblick an den ich sehr gerne zurück denke.
Die Bändchen habe ich dann auf der Party verteilt. An Menschen, die ich kannte, oder an diesem Tag kennengelernt hatte.
Aus einem Gefühl der Verbundenheit heraus. Schliesslich waren wir alle aus einem gemeinsamen Grund vor Ort.
Am Freitag, dem 22. November sass ich nichts ahnend in meiner Hütte auf dem Weihnachtsmarkt auf Schloss Benrath, als mich die schlimme Nachricht ereilte...Bagger seien im Anmarsch und hätten große Teile der wunderschönen alten Tankstelle niedergerissen.
Obwohl mir klar war, dass die Brause längst ihr Zuhause verloren hatte, wusste ich dass für das Gebäude ein Eilantrag auf Denkmalschutz gestellt worden war.
Wenigstens könnte vielleicht dieses Schmuckstück erhalten bleiben und durch die schlichte Anwesenheit das Düsseldorfer Stadtbild weiterhin verschönern. Ganz lange hielt ich an diesem Strohhalm der Hoffnung fest.
Denn, wenn man nur möchte, finden sich so viele Wege, um Schönes zu bewahren, das persönliche Gesicht einer Stadt zu schützen und eben solche Juwelen zu pflegen und in die Zukunft zu integrieren. Aber alle Hoffnung wurde "einfach" von einem Bagger geplättet.
Etwas durchgefroren und müde von meinem Hüttendasein schloss ich an diesem Tag überpünktlich die Läden.
Mir war aber so gar nicht danach, mich auf dem Heimweg zu machen. Es zog mich, wie von einer unsichtbaren Schnur gezogen, zur Brause.
Dort angekommen, stellte ich fest, dass es offensichtlich nicht nur mir so erging. Trotz Kälte und Nässe hatten sich ganz viele Menschen vor den Trümmern versammelt, um ihren Unmut, ihrer Wut und ihrer Trauer freien Lauf zu lassen.
Pics by mutabel ausser unten links - mein absolutes Lieblingsbild von Düsseldorfer Perlen. Hängt in groß an Metraedas & meiner Wand daheim.
Der Zahn der Zeit. Immer wieder auf die schönste Art dokumentiert und mit mir geteilt.
Ob durch Freunde via eines Selfies oder von Fotografen festgehalten. Jedesmal war es mir eine Freude zu sehen, dass die Installation
den widrigen Bedingungen trotzt und protestiert! Immer noch ganz laut! Im leuchtendem Orange!
Pics by - von links nach rechts: 16.10.19 A.Anderson, 09.03.20 Düsseldorfer Perlen, 07.05.20 Barbara Lutz fotografiert von Klaus von Kassel.
Heute Abend 31.05.2020 um 20 Uhr findet die Premiere des Kurzfilms von Tom Blankenberg "Das Lächeln von Bilk". Ich freue so sehr darauf!
"Mai 2019 - eine Erinnerung an den letzten Monat der Brause.
Und eine Liebeserklärung an das schönste Lächeln von Bilk."
Es ist so wichtig zu zeigen - wir sind die Menschen dieser Stadt, wir leben hier und wir haben etwas zu sagen! Diesmal konnten wir es nicht aufhalten, aber es wird ein nächstes Mal geben und je lauter die Stimmen, desto weniger können sie ignoriert werden!
Und trotz allem - eines spüre ich für mich ganz deutlich "Das Lächeln bleibt"